Pilotprojekt mit Wasserstoff-Zügen läuft noch immer nicht reibungslos


BAD HOMBURG | Als Alternative zu Diesel soll Wasserstoff beim Einsparen von CO2 helfen. Ein großangelegtes Vorhaben zum Einsatz der Technologie im Zugverkehr macht aber weiter Probleme. Hinzu kommt nun Personalmangel, dessen Auswirkungen die Fahrgäste treffen.

Die neue Wasserstoff-Zugflotte im Taunus fährt ihren Zielen weiter hinterher. Von 27 eingeplanten Zügen seien derzeit 12 im Einsatz, teilte der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) auf Anfrage mit. Mindestens vier weitere Züge sollen im Juni abgenommen werden. Der RMV rechne damit, dass spätestens im September die gesamte bestellte Flotte einsatzbereit sei, sagte ein Sprecher. Dann soll sie auf drei weiteren Strecken zum Einsatz kommen.

Ursprünglich sollte die weltweit größte Flotte von 27 Wasserstoffzügen bereits zum Fahrplanwechsel vergangenen Dezember auf der Taunusstrecke (RB 15) ihren Betrieb aufnehmen. Lieferschwierigkeiten hatten dies nach Angaben des Herstellers Alstom verhindert. Die Züge, die geliefert wurden, erwiesen sich zudem als störanfällig und mussten überholt werden. Inzwischen liefen sie “deutlich stabiler”, teilte der RMV mit.

Als Ersatz für die fehlenden Wasserstoffzüge wurden zunächst Dieselzüge eingesetzt, die sich ebenfalls als unzuverlässig erwiesen und für Betriebsstörungen sorgten. Hinzu kommt nun Personalmangel beim Betreiber Start, einer Tochter der Deutschen Bahn.

Es fehlten Lokführer, 20 von den derzeit etwa 60 hätten gekündigt und fast ein Fünftel sei krank, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Das Personal sei am Ende seiner Belastungsgrenze. “Schichten lassen sich seit rund sechs Monaten aufgrund der Fahrzeug- und Personalsituation kaum planen”, sagte die Sprecherin. Es werde mit Hochdruck nach Personal gesucht, auch bei Verleih-Unternehmen. Weitere Lokführerinnen und Lokführer würden ausgebildet, auch als Quereinsteiger.

Zug-Hersteller Alstom verweist bei der Suche nach Gründen für den Fehlstart der Flotte sowie die erneute Verzögerung – Anfang des Jahres hieß es, bis Juni werde die gesamte Flotte ausgeliefert – auf die Corona-Pandemie und den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Dies habe zu “beispiellosen Personal- und Materialengpässen geführt”, deren Nachwirkungen deutlich länger dauerten als ursprünglich angenommen, teilte ein Sprecher mit. Zu den Mehrkosten gebe Alstom keine Auskunft – nach Angaben des RMV zahlt das Unternehmen den Busersatzverkehr, der zur Sicherheit weiter im Einsatz ist.

Der Fahrgastverband Pro Bahn sprach von einem Chaos bei der Einführung und forderte – auch vor dem Hintergrund möglicher deutlicher Preiserhöhungen im RMV – eine Offenlegung der zusätzlichen Kosten. Viele Fahrgäste hätten dem öffentlichen Nahverkehr den Rücken gekehrt und seien auf das Auto umgestiegen.

Das Land Hessen hat nach Angaben des Verkehrsministeriums in das Vorhaben rund 3,3 Millionen Euro investiert. Es handele sich um einen Beitrag zu einem emissionsfreien Schienenverkehr, da der Wasserstoffantrieb eine Option für Strecken biete, die aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht per Oberleitung elektrifizierbar seien. “Natürlich bedauern wir die Startschwierigkeiten und hoffen, dass sie baldmöglichst überwunden sind. Zuverlässigkeit ist ein wesentliches Merkmal eines attraktiven ÖPNV”, erklärte ein Ministeriumssprecher.

Wenn alle Züge ausgeliefert seien und das Projekt längerfristig stabil laufe, würden Lehren gezogen, erklärte der Alstom-Sprecher: “Wir konzentrieren uns jetzt allein darauf, dafür zu sorgen, dass alle Züge zur Verfügung stehen und die Menschen im Taunuskreis damit zuverlässig und sicher von A nach B kommen.”

Der RMV hat angekündigt, Fahrgäste im August und September auf der Strecke kostenlos zu befördern. Aktuell fährt wegen Bauarbeiten kein Zug auf der Strecke: Noch bis Sonntag (11. Juni) ist die Linie der RB 15 zwischen Friedrichsdorf und Brandoberndorf gesperrt.

Mit größerem Erfolg ist Wasserstoff als klimafreundliche Alternative zum herkömmlichen Diesel-Antrieb im Busverkehr in Hessen im Einsatz: Die Stadt Frankfurt hat erst kürzlich die Bestellung zehn weiterer Busse für rund 6,5 Millionen Euro bekanntgegeben, 2,88 Millionen davon sind Bundesförderung. Die 13 bereits vorhandenen und vom Land geförderten Wasserstoff-Fahrzeuge hätten eine große Reichweite und seien zuverlässig, erklärte die Stadt.

Der Kreis Groß-Gerau und der Landkreis Bergstraße planen ebenfalls den Einsatz solcher Busse, wie das Verkehrsministerium mitteilte. Wiesbaden dagegen hat die Einführung gestoppt und verkauft nun die bereits angeschafften Fahrzeuge. Die eigens errichtete Tankstelle soll über den Rhein nach Mainz wandern.


dpa