Aktuell prägten noch immer Langsamfahrstellen und Kapazitätsengpässe das Bild. Dadurch gehe der entscheidende Systemvorteil der Eisenbahn – das Fahren bei Wind und Wetter, Zuverlässigkeit der Anschlussverbindungen und eine beispielgebende Pünktlichkeit – einfach verloren. “Ein ‚Weiter so‘ darf es nicht geben” fordert daher die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL).
Langsamfahrstellen, Kapazitätsengpässe und Verspätungen: Nach Ansicht von Claus Weselsky, dem Bundesvorsitzenden der GDL, hat die Deutsche Bahn einige Probleme. Hinzu komme, dass diese Probleme nicht an der Wurzel bekämpft und nicht zuerst die Infrastruktur ertüchtigt werde. Weselsky bemängelt, dass alle Aktivitäten zuerst dem Renditestreben unterworfen würden.
„Rüdiger Grube ist 2009 mit dem Versprechen angetreten, sich um das Brot-und Butter-Geschäft, den Schienenverkehr in Deutschland zu kümmern. Das war ein ehrenwertes Vorhaben, doch angesichts des desaströsen Zustands der Schiene bleibt vor allem eines festzuhalten: Er hat sein Versprechen nicht gehalten und das von Mehdorn auf Börsengang getrimmte Unternehmen nicht aufs richtige Gleis gesetzt“, sagte der GDL-Chef zum Rücktritt von Bahnchef Rüdiger Grube.
Grube habe dem System Eisenbahn vor allem mit seinen Äußerungen zum baldigen autonomen Fahren von Zügen geschadet, ist sich Weselsky sicher.
„Wer anschließend in einem autonomen Straßenfahrzeug von Google oder vor einem selbstfahrenden Omnibus posiert, der erweist der Eisenbahn einen Bärendienst. Den ehrenwerten Berufen der Lokomotivführer und Zugbegleiter wurden dadurch Zukunftsperspektiven entzogen und keinen wird es wundern, wenn sich immer weniger junge Menschen für diese Berufe entscheiden. Dabei ist der Personalmangel beim Zugpersonal schon jahrelang eines der dringendsten Probleme“, so der GDL-Chef.
Die Schuld an der aktuellen Misere bei der Deutschen Bahn trage nach Ansicht der GDL jedoch nicht Grube allein: An der Konzernspitze fehle es schlicht an kompetenten Eisenbahnern und glasklaren Vorgaben durch den Eigentümer Bund. Anders als mit einer kompletten Unkenntnis des komplexen Eisenbahnsystems seien die Fehlentwicklungen der letzten Jahre nicht zu erklären, meint Weselsky. Außerdem müsse der Eigentümer Bund nicht Lippenbekenntnisse zur Zukunft des Eisenbahnsystems abgeben, sondern mit einer umfassenden Neuausrichtung der Infrastruktur dem Bahnvorstand auch klare Vorgaben machen.
„Ein ‚Weiter so‘ darf es nicht geben, denn damit lässt sich weder ein Gemeinwohlauftrag erfüllen, noch das steigende Verkehrsaufkommen der Zukunft bewältigen. Alle bisherigen Aktivitäten haben Stück für Stück nur zu Punktverlusten bei unseren Kunden und im Vergleich der Verkehrsträger zu einer abnehmenden Kernkompetenz der Schiene geführt“, so Weselsky.
Hinsichtlich der Nachfolge von Rüdiger Grube als DB-Vorstandsvorsitzender hat die GDL klare Vorstellungen: Nötig sei ein Kandidat mit klarer Bahnkompetenz, hohem Sachverstand und Leidenschaft für die Schiene. Er müsste begreifen, dass die Zukunft der Eisenbahn im Schutz ihres Herzstücks, der Infrastruktur und nicht in einer weltweiten Expansion als Logistikunternehmen liege.
Meldung vom 01.02.2017
red/GDL