Nach dem tödlichen Unfall mit der Standseilbahn in Lissabon befindet sich das Land Portugal im Schock. Eines der touristischen Aushängeschilder der Stadt ist nun ein Symbol für Tod und Trauer. Das Auswärtige Amt geht derzeit nicht von einem deutschen Todesopfer bei dem Lissabon-Unglück aus. Portugiesische Medien hatten zuvor vom Tod eines deutschen Vaters berichtet.
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Das Auswärtige Amt geht derzeit nicht davon aus, dass es beim Seilbahnunglück in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon ein deutsches Todesopfer gegeben hat. “Nach Kenntnis des Auswärtigen Amts befinden sich nach aktuellem Stand keine deutschen Staatsangehörigen unter den Todesopfern”, hieß es aus dem Außenministerium in Berlin. Portugiesische Medien hatten berichtet, bei dem Unglück sei ein deutscher Familienvater ums Leben gekommen.
Es war nicht auszuschließen, dass sich weitere deutsche Staatsangehörige unter den verletzten Personen befanden, hieß es. Nicht alle Betroffenen dürften sich bei der deutschen Botschaft in Lissabon gemeldet haben, womöglich, weil sie nur leichte Verletzungen hatten.
Nicht nur portugiesische Medien wie die Zeitungen Observador und Correio da Manha hatten berichtet, unter den 16 Toten des Unglücks vom Mittwochabend sei auch ein Deutscher. Dessen Frau sei schwer und das gemeinsame dreijährige Kind leicht verletzt worden. Auch der Chef der portugiesischen Kriminalpolizei, Luís Neves, hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass “wahrscheinlich” ein Deutscher unter den Toten sei.
Identität von drei Toten noch immer unklar
Nach Angaben von Neves vom Donnerstagabend werde auch der Tod von zwei Kanadiern, einem Ukrainer und einem Amerikaner aufgrund “bereits gesammelter Informationen” angenommen. Sicher identifiziert seien aber soweit nur drei ausländische Todesopfer, zwei aus Südkorea und eines aus der Schweiz. Auch bei fünf Portugiesen sei die Identität klar. Bei drei Toten wisse man noch nicht, um wen es sich handelt.
Seilschaden vermutet
Der “Elevador da Glória” fährt auf der Rua da Glória auf Gleisen hin und zurück über eine Strecke von rund 265 Metern und überwindet dabei einen Höhenunterschied von rund 45 Metern. Die Wagen werden dabei von einem Kabel bergauf gezogen und bergab gebremst. Kurz nach 18.00 Uhr Ortszeit (19.00 MESZ) war das straßenbahnähnliche Fahrzeug am Mittwoch mit vielen Insassen wieder auf dem Weg nach unten, als es plötzlich von den Schienen abkam, die Straße mit lautem Getöse hinunterrutschte und seitlich gegen ein Gebäude unweit des Platzes Praça dos Restauradores krachte.
Experten vermuten, dass ein Seil gerissen sein könnte und vielleicht auch noch die Bremsen versagt haben. Vorwürfe, die Instandhaltung der Bahn sei womöglich nicht gut genug gewesen, wies der Betreiber, die Lissabonner Verkehrsgesellschaft Carris, zurück. “Die monatlichen und wöchentlichen Wartungsprogramme sowie die tägliche Kontrolle werden sorgfältig durchgeführt”, hieß es in einem Bericht.
Trotzdem ließ die Stadtverwaltung von Lissabon den Betrieb aller drei Standseilbahnen aussetzen und ordnete sofortige Inspektionen an. Die portugiesische Kriminalpolizei nahm Ermittlungen auf. Sie sei mit mehreren Beamten vor Ort gewesen, berichtete der Sender SIC Notícias.
Einen solchen Unfall mit einer der drei Standseilbahnen, die seit dem 19. Jahrhundert betrieben werden, hatte es in Lissabon bisher nicht gegeben.
Bericht: Sanierung war beabsichtigt
Die öffentliche Ausschreibung für eine Sanierung der Seilbahn war einem Bericht des portugiesischen Onlineportals Eco zufolge im August ohne Auftragsvergabe beendet worden, weil alle Angebote zu teuer gewesen seien.
Trauer und Suche nach Antworten
“Portugal trauert”, sagte Bürgermeister Carlos Moedas dem TV-Nachrichtensender SIC Notícias sichtlich niedergeschlagen. Es sei vor allem für die Stadt Lissabon “tragisch, ein schrecklicher Abend”. Moedas rief eine dreitägige Trauer aus. Portugals Ministerpräsident Luís Montenegro sagte alle seine Termine erst einmal ab.
Portugals Staatsoberhaupt Marcelo Rebelo de Sousa bedauerte den Unfall “zutiefst” und forderte, dass der Vorfall “rasch von den zuständigen Stellen aufgeklärt” werde.
Steinmeier und von der Leyen kondolieren
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte Rebelo de Sousa. “Mit großer Bestürzung habe ich von dem tragischen Unglück einer Standseilbahn in Lissabon erfahren, bei dem so viele Menschen ums Leben gekommen sind”, schrieb Steinmeier. Seine Anteilnahme gelte den Familien und Angehörigen der Opfer. Auch die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sprach den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus. Die Flaggen vor dem Europaparlament wurden auf Halbmast gesetzt.
Der “Elevador da Gloria” wurde im Jahr 1885 eröffnet und ist eine der drei historischen Stadtseilbahnen Lissabons. Er verbindet den zentralen Platz Praça dos Restauradores mit dem höher gelegenen Stadtteil Bairro Alto. Die Bahn ist heute in erster Linie eine Touristenattraktion, sie wird aber auch von vielen Einheimischen benutzt, denen die Strecke zu Fuß zu steil ist.
dpa / EVN
