Wuppertaler Schwebebahn: Der Kaiserwagen kehrt zurück


Nach jahrelangem Umbau soll der Kaiserwagen der Wuppertaler Schwebebahn im kommenden Jahr endlich wieder fahren. Darauf warten bei weitem nicht nur Fahrzeugliebhaber.

Es geht nicht nur um Nostalgie, es geht auch um Romantik. Zu den außergewöhnlichen Orten für Hochzeiten gehört der Kaiserwagen der Wuppertaler Schwebebahn. Allerdings muss es dafür einen ganz besonderen Halt auf der freien Strecke geben. “Wo das Ja-Wort gesprochen wird, muss das Fahrzeug still stehen und es muss an einer Adresse stehen”, verdeutlicht der technische Leiter der Schwebebahn, Christian Kindinger. Klar, denn der Standesbeamte müsse eine Adresse in die Dokumente eintragen können.

Für das nächste Jahr liegen schon Voranfragen für Hochzeiten vor, aber bevor es so weit ist, steht noch viel Arbeit in der Werkstatt an. Und wann genau der Kaiserwagen 2026 wieder als Wuppertals schwebende gute Stube für Touristen und Feierende fährt, steht bisher nicht fest. Kindinger und sein Werkstattteam stehen unter Zeitdruck. Denn im kommenden Jahr steht ein Jubiläum an. Das Fahrzeug ist aus dem Lager zurück in der Werkstatt. Irgendein Spaßvogel hat Gesichter auf die verstaubten Scheiben gemalt, man kennt das vom Auto.

“Jetzt können wir uns ranmachen, alles wieder zusammenzubauen”, meint Kindinger und vergleicht das Millionen-Euro-Projekt mit einem großen Puzzle. Zuletzt fuhr der denkmalgeschützte Kaiserwagen Ende 2018. Dann wurde er zur Großbaustelle, um ihn auf den neusten Stand zu bringen. Letztlich soll er auch im Zuge des Bremsens wieder Strom in das Netz einspeisen wie die neusten Fahrzeuge. Auch das Fahrwerk mit den rot lackierten Speichenrädern ist fast komplett neu. Kindinger berichtet von zahlreichen Widrigkeiten bei der Modernisierung, zu denen auch Insolvenzen von Zulieferern gehörten. Am Ende wird für den umgebauten Kaiserwagen eine Neuzulassung erforderlich sein.

Frühe erste Passagierfahrt

Vor fast 125 Jahren waren Kaiser Wilhelm II. und seine Gemahlin Auguste Viktoria die ersten Passagiere des neuartigen Verkehrsmittels – und das noch vor der offiziellen Eröffnung der Schwebebahn im Jahr 1901. Am 24. Oktober 1900 ging die Sonderfahrt mit den kaiserlichen Gästen von Döppersberg nahe dem heutigen Wuppertaler Hauptbahnhof nach Vohwinkel, wo sich heute auch die Werkstatt befindet. Die Sonderfahrt für den Kaiser ging ungefähr über die Hälfte der letztlich 13,3 Kilometer langen Schwebebahntrasse.

Als einziges Fahrzeug der Baureihe 1900 blieb der denkmalgeschützte Kaiserwagen bis heute erhalten. Genau genommen sind es zwei Wagen, die Wagen Nummer 5 als vorderes Teil und die Nummer 22 als hinteres Teil. Weinrot ist die Lackierung an den Seiten, genau heißt der Farbton “Fiat Rosso”. Im Unterschied zur hellblau lackierten vierten Fahrzeuggeneration, die seit 2019 im Einsatz ist, hat der Kaiserwagen noch Ecken und Kanten. Im Inneren wird nicht viel verändert. 63 gepolsterte Sitzplätze stehen zur Verfügung.

Vorbild Zuckerfabrik

Schöpfer der Schwebebahn war der Zuckerfabrikant Eugen Langen, der auch den Würfelzucker erfand. Im etwa 50 Kilometer von Wuppertal entfernten Köln stand die Wiege der freischwebend aufgehängten Personenwagen. Dort entstand zunächst eine Versuchsstrecke. Hängebahnen dienten damals in den Betrieben als ein Transportmittel. Langen übertrug das System auf die Personenbeförderung. Doch der Durchbruch für die Schwebebahn als Verkehrsmittel in den schnell wachsenden Metropolen gelang damals nicht.

Der Start der Wuppertaler Schwebebahn vom 1. März 1901 jährt sich 2026 zum 125. Mal. Nach dem System Langen ging in Dresden wenig später am 6. Mai 1901 eine Bergbahn in Betrieb. Mehr Projekte wurden nicht umgesetzt. Schon in der Anfangszeit der Schwebebahn rückten U-Bahn-Projekte in Metropolen in den Fokus. Denn in dicht bebauten Straßen gab es wenig Raum. Auch in Berlin wurde eine U-Bahn gebaut. Die Sonderfahrt für den Kaiser mit der Wuppertaler Schwebebahn war vielleicht für den Moment ein Erfolg, sie sorgte aber nicht für eine Weichenstellung zugunsten der Schwebebahn.

Zehntausende Fahrgäste Tag für Tag

Gut 470 Metallstützen tragen den Fahrweg der Wuppertaler Schwebebahn in acht bis zwölf Meter Höhe. Meist windet sich die Trasse direkt über der Wupper mit dem Fluss durch das Tal. An anderer Stelle steht der grüne Koloss auch über einer Straße. Mehr als 80.000 Fahrgäste nutzen täglich die Wuppertaler Schwebebahn, darunter sind viele Touristen. Wenn der Kaiserwagen wieder auf Fahrt geht für besondere Anlässe, gibt es ein besonderes Fotomotiv mehr.


dpa