SOLINGEN | Sie gilt als Deutschlands Antwort auf den Eiffelturm: Die Müngstener Brücke im Bergischen Land ist seit 125 Jahren die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands. Am kommenden Wochenende wird das gefeiert.
107 Meter hoch, 465 Meter lang und inzwischen 125 Jahre alt: Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke ist ein erstaunlich filigraner Stahlkoloss. Die Müngstener Brücke überspannt keine bayerische Alpenschlucht, sondern die Wupper in Nordrhein-Westfalen – zwischen den Großstädten Solingen und Remscheid.
In der dreijährigen Bauzeit wuchsen beide Seiten der Brücke ohne Gerüst aufeinander zu. Zum 100. Geburtstag von Kaiser Wilhelm I. war sie 1897 als “Kaiser-Wilhelm-Brücke” fertiggestellt und später umbenannt worden. Sie gilt als Meisterwerk der Stahlbaukunst zum Ende des 19. Jahrhunderts, Denkmal von nationaler Bedeutung und Deutschlands Antwort auf den Pariser Eiffelturm.
Derzeit läuft ein neuer Versuch, das Bauwerk – diesmal gemeinsam mit fünf weiteren Großbogenbrücken in Portugal, Italien und Frankreich – auf die Unesco-Welterbeliste zu setzen.
Doch erst einmal werden am kommenden Wochenende Tausende zum großen Brücken-Jubiläum erwartet. Zum “Geburtstag” gibt es ein großes Fest zu Füßen des Stahl-Giganten, mit einem Konzert der Bergischen Symphoniker am Samstag und einem Familientag am Sonntag. An beiden Tagen fährt ein historischer Dampfzug mehrmals über die Brücke. Das Fest wird organisiert vom Förderverein “Welterbe Müngstener Brücke”. Die Stadt Solingen warnt angesichts der akuten Parkplatznot vor der Anreise mit dem eigenen Auto und rät, das ablaufende 9-Euro-Ticket zu nutzen für die Fahrt zum Brücken-Geburtstag.
Vorab hatte die Deutsche Bahn ihre Rekordhalterin für 30 Millionen Euro mit 400.000 Arbeitsstunden acht Jahre lang denkmalgerecht saniert. 13.500 Kilogramm Farbe verschlingt ein neuer Anstrich, der 75.000 Quadratmeter Fläche bedecken muss. Seit dem Abschluss der Sanierung führt ein “Brückensteig” Neugierige 777 Stufen auf eine Plattform in 100 Meter Höhe – allerdings nur gesichert und in Gruppen.
Als die Brücke 1897 fertiggestellt war, verkürzte sie die Eisenbahnstrecke zwischen den Industriestädten Remscheid und Solingen enorm – von 44 auf 8 Kilometer. Hartnäckig umrankt ein Mythos die Brücke: Eine der 934.456 Nieten, die das Bauwerk zusammenhalten, soll aus massivem Gold sein, heißt es. Gefunden wurde sie nie.
Den ultimativen Belastungstest musste die Brücke am 6. Juli 1897 aushalten: Wenige Tage vor der offiziellen Inbetriebnahme am 15. Juli zogen sechs schwere Lokomotiven fast 50 mit Kies beladene Güterwagen auf das technische Wunderwerk über der Wupper. Das Viadukt hielt. Erbauer Anton von Rieppel fiel ein Stein vom Herzen.